Depression

Jemand sagte mir neulich, er mache sich Sorgen um mich, weil ich Zeichen einer Depression zeige. Jemand anderes fragte mich daraufhin, ob ich mir Hilfe (ob nun bei Freunden, oder professionell) suchen würde, wenn dem so wäre. Meine Antwort darauf war, dass ich auf jeden Fall mit jemanden darüber sprechen würde, wenn ich es erkennen würde, dass ich das aber nicht versprechen kann, weil ich nicht sicher bin, ob ich mitbekomme, dass ich tatsächlich abgerutscht bin.

Heute kann ich klar die Zeichen erkennen und weiß, warum Menschen denken, dass ich abrutsche. Ich kann sehen, warum sie sich Sorgen machen und wollen, dass ich mit ihnen rede.

  • Ich ziehe mich noch weiter zurück, als bisher schon und sage selbst kleinere Treffen mit 5, 6 Leuten, die ich eigentlich gerne mag, ab
  • Ich habe das Gefühl, nie wieder glücklich sein zu können
  • Ich bin völlig überfordert mit all den Aufgaben, die gerade auf mich zukommen und sehe mich als komplett allein gelassen

Das sind auf jeden Fall alarmierende Zeichen, aber es ist auch eine beschissene Kombination von Ereignissen im Moment, die all diese Probleme und Gefühle potenzieren. Das eine ist die Übernahme eines Hauses und damit zusammenhängend die Aufnahme eines sechsstelligen Kredits, für was ich alleine verantwortlich bin.
Das andere ist eine Trennung, die mir einen wertvollen Ansprechpartner und Freund weggenommen hat.

Daraus ergibt sich ein extremes Gefühl des Alleingelassenseins und die völlige Rückhaltlosigkeit gepaart mit einer immensen Verantwortung. Das macht mich im Moment einfach fertig.

ABER:

  1. Kenne ich meinen Ex gut genug, dass ich weiß, dass er schlicht überfordert ist und keine Ahnung hat, wie er mit der Situation sinnvoll umgehen kann. Er will mich nicht absichtlich verletzen und ich bin ihm auch nicht egal, aber er weiß einfach nicht, was er tun soll, also wählt er den “sicheren” Weg und hält sich an ihr Verbot, keinen Kontakt mehr mit mir zu haben, weil er dann wenigstens an einer Front das Richtige macht. Er hat keine Erfahrungen mit so einer Situation und selbst innerhalb der Beziehung schon immer mal wieder Kommunikationsprobleme und Schwierigkeiten, sich “angemessen” zu verhalten. Das ist also eigentlich nur traurig, aber im Moment fehlt mir die Kraft, sein Unvermögen zu kompensieren und es nicht persönlich zu nehmen, dass er nicht mit mir reden will und all “unsere” Themen jetzt entweder mit ihr besprochen werden, oder halt gar nicht, was ihn aber nicht zu stören scheint. Ich kann im Moment nicht anders, als mich zu fühlen, als wäre ich absolut unwichtig für ihn, weil er einen perfekten Ersatz für mich gefunden hat, der einfach noch viel toller ist. (Ja, ich weiß, dass das nicht richtig ist, aber es fühlt sich so an!) Und ja, das ist momentan meine größte Angst in diesem Szenario: dass ich einfach komplett vergessen und irrelevant werde. Deswegen bin ich auch nicht glücklich über diesen kompletten Kontaktstopp, denn das ist genau der einfachste Weg, um jemanden aus den Augen und aus dem Sinn zu verlieren. Ein paar Wochen/Monate nicht gesprochen und der andere ist im Nirvana der Bedeutungslosigkeit verschwunden.
  2. Weiß ich, dass ich wertvoll und verdammt awesome bin und zweifle keinen Moment an mir! Das ist für mich der wichtigste Punkt, weswegen ich glaube, dass das “nur” eine temporäre Krise ist. Ja, es geht mir schlecht und ich habe das Gefühl, dass ich nie wieder glücklich sein werde, für immer allein bleibe und für den Rest meines Lebens nur für dieses Haus arbeiten und existieren werde. Aber nein, ich weiß, dass ich das schaffen kann und ich weiß vor allem auch, dass ich nicht alleine bin. Dass es da Menschen gibt, die mich unterstützen und helfen. Und sobald das alles irgendwann zur Ruhe gekommen ist und erstmal seinen Weg geht, wird das alles auch wieder besser. Momentan gibt es immer neue Nachrichten und Entwicklungen, manche gut, manche schlecht. Aber sie kommen und kommen und ich muss mir überlegen, wie ich damit umgehe. Wie ich darauf reagiere, was ich, im Rahmen dessen, anderen Menschen sagen muss und was ich selbst in der Zukunft machen muss, damit das alles funktioniert.
  3. Bin ich schon immer noch ein realistisch positiver Mensch und weiß, dass alles besser werden wird! Ja, es ist im Moment schwer und wird leider auch noch mindestens für den Rest des Jahres so bleiben, aber irgendwann wird alles besser werden und alles wird wieder normal. Ich werde alles stemmen und irgendwann wird mein Hirn auch einsehen, dass diese Gefühle keine Fakten sind. Sie werden ihre Narben hinterlassen, aber sie werden mich nicht zerstören. Und selbst wenn ich unfassbar naiv bin und in Wahrheit doch völlig irrelevant und unwichtig für meinen Ex geworden bin, dann werde ich darüber hinweg kommen und deswegen nichts daran ändern, wie ich bin, denn ich bin genau richtig so, wie ich bin!
  4. Und selbst wenn ich den Rest meines Lebens alleine bleibe, dann ist das in Ordnung. Ich habe wunderbare Freunde und tolle Menschen um mich herum, die mich lieben und für mich da sind, wenn ich danach frage. Und nur, weil ich im Moment nicht danach frage, oder vielleicht auch nicht danach fragen kann, dann heißt das nicht, dass das so bleibt. Ich halte es da mit dem Spruch von Oscar Wilde: “Am Ende wird alles gut. Wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende”!
  5. Der Sport ist zwar ganz offensichtlich in erster Linie ein Coping-Mechanismus (mir fehlt gerade das Deutsche Wort… Ah, Leo sagt Bewältigung), aber hey, es ist eine positive Strategie, die mir gut tut und nicht schadet, wie es Essen tun würde – was sonst die naheliegendste Alternative gewesen wäre. Wobei, ich esse schon auch viel, aber das gleicht sich mit dem Sport zumindest halbwegs aus. Wenn ich das jetzt noch in den Griff bekäme, dann stünden den letzten 8Kg und 10% Körperfett nichts mehr im Wege.
    Das heißt, ich habe den Drang, etwas Gutes für mich zu tun und auch wenn ich es nicht wirklich toll finde, so muss ich mich morgens nicht besonders zwingen, um eine Runde zu starten, weil der Schweinehund da noch schläft. Das ist definitiv ein sehr gutes Zeichen.

Blick auf die Weser mit den Domtürmen im Hintergrund

Ja, ich bin naiv und gutgläubig und ihr dürft mich sogar für ein bisschen dumm halten, das ist ok. That’s me! Ich weiß, dass ich in meinem Leben verdammt viel richtig mache und werde auch nicht aufhören, andere zu unterstützn und aufzupäppeln, auch wenn sie es mir – aus welchen Gründen auch immer – nicht zurück geben können. Seien es profane finanzielle Mittel oder emotionale / psychische Grenzen, die das verhindern. Ich mache weiter und es wird mir wieder gut gehen und ich werde wieder glücklich sein! Irgendwann!

Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Eintrag öffentlich oder geschützt schreibe, aber ich denke, der geht mehr Menschen an, als nur die, die sich da bisher gemeldet haben.

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