Spaß mit Recruitern und den Weserpiraten

Kommunikation ist offensichtlich keine Kernkompetenz von Recruitern. Erscheint überraschend, aber nach 7 Monaten LinkedIn und Stepstone ist das meine feste Überzeugung. Der Erstkontakt ist immer hoch motiviert und voller Elan, aber sobald es dann an weitere Absprachen, oder ein simples Auf-dem-Laufenden-halten geht, ist da nur noch Grillenzirpen. Ja, vielleicht bin ich unfair, immerhin bezahle *ich* sie ja nicht, sondern die Kunden und sie tun mir nur einen Gefallen. Aber es gibt halt wirklich skurrile Szenarien.

Die Weserpiraten

Es gibt ein einzelnes Unternehmen in Bremen, was gefühlt 90% des Stadt-Bedarfs an Scrum Mastern hat. Nennen wir sie mal “Weserpiraten”. Seit ich im August auf LinkedIn und Stepstone angefangen haben, waren mehr als 50% aller Recruiter auf der Suche für die Weserpiraten. Das fand ich schon schräg, wie viele Scrum Master kann so eine einzelne Firma brauchen und das offensichtlich durchgehend? Inzwischen habe ich ca. 15 verschiedenen Recruiterfirmen, die mir ein Angebot für die Truppe gemacht haben. In den ersten Monaten bin ich nie drauf eingegangen, weil die auf 2 Jahre beschränkt waren und ich ja erst ab Februar verfügbar war.

Ende letzten Jahres habe ich es mir dann doch mal angehört und ab da ging der Spaß dann so richtig los.

Dezember 24 – Recruiterin A: Ohne SAP kein Vorstellungsgespräch

Anforderung: Sicherer Umgang mit SAP. Ok, hab ich in meinem Leben nie ernsthaft benutzt, woraufhin Recruiterin A zwar versprach, dass sie nochmal fragen würde, weil ich doch ein so toller Match sei, aber ihrer Erfahrung nach sei das ein K.O.-Kriterium. Danach habe ich nie wieder was gehört, also nahm ich an, es scheitert eh an SAP, also muss ich mich da auch nicht mit anderen Leuten drüber unterhalten und habe die nächsten x Recruiter mit dieser Aussage dann auch wieder abgewimmelt. Recruiterin A verriet mir auch, dass die Weserpiraten tatsächlich extrem viele SM brauchen und deswegen alle Recruiter der näheren und weiteren Umgebung mit einbeziehen, weil sie es selber nicht schaffen.

Januar 25 – Recruiter*innen B: Ein Videocall und kein Feedback

Anfang dieses Jahres kam dann Recruiter B und sagte “Scheiß drauf, es gibt kaum SM, die sich mit SAP auskennen, wir machen das jetzt trotzdem!” Joah, gut, lasst euch nicht aufhalten. Und wer hätte es gedacht, ich wurde zu einem Videocall mit den Chefinnen des agilen Teams eingeladen. Das Gespräch verlief eigentlich ganz ok. Hatte nicht das Gefühl, dass ich komplett verkackt habe, aber auch kein super-positives Gefühl, da mir halt doch einfach auch ein paar Erfahrungen fehlen. Auf meine Frage, warum so viele und ja schon seit nem halben Jahr regelmäßig, kam die Antwort, dass sie halt riesige Teams haben und jedes Projekt dadurch direkt 5-10 neue Scrum Master benötigt und dass sie tatsächlich auch Stellen seit dem Sommer nicht besetzen können. Ok, interessant. Ach und als ich SAP anspracht, schauten sie ganz verdutzt und meinten, dass sie das auch nur zum Stunden reporten nutzen würden und keine Ahnung davon hätten.

Nun gut, eine Woche ging ins Land und auf meine Nachfrage kam dann die Rückmeldung, dass die Stelle anderweitig besetzt wurde. Hä? Wenn sie so viele offene Stellen und Probleme damit haben? Das klang schonmal sehr schräg. Sagt mir doch einfach, was euch an mir nicht passt, dann kann ich es vielleicht ändern, bevor ich mich wieder bewerbe oder lasse euch in Ruhe. Aber gut, abgehakt.

Februar 25 – Recruiter*innen C und D: Widersprüche und niemand redet mit mir (Com-mu-ni-ca-tion! “It takes two”, anyone?)

Bis dann, eine Woche später, eine Kollegin von Recruiterin A (Recruiterin C) anrief, und sagte, dass sie gerade händeringend nach neuen Kandidaten angefleht wurde, weil sie diese Stelle endlich besetzen wollen. WTF?! Ich erzählte Rec. C die ganze Geschichte und meine Verwunderung und sie versprach, mal nachzuhaken, auch wenn sie mich jetzt nicht noch einmal für die gleiche Stelle vorschlagen könnte. Ergebnis: Nüscht. Wind weht durch Pampasgras…

Recruiterin B versprach mir hoch und heilig, dass sie sich die Absage nicht ausgedacht hätten, sondern wirklich die Rückmeldung bekommen hätten, dass die Stelle halt nicht mehr da sei.

Noch ein paar Tage später meldete sich dann Recruiter D und hört sich ebenfalls meine Klage an. Enttäuscht sagte er dann auch, dass er mich nicht mehr vorstellen könnte, wollte mich aber in die Kartei aufnehmen. Einige Stunden später rief er dann aber wieder an und sagte, er hätte mit seinem Kollegen gesprochen, der für die Betreuung der Weserpiraten zuständig ist und der meinte, man könne es ruhig nochmal versuchen. Er würde das jetzt nochmal alles klären und sich dann melden, ob er mich da nochmal vorstellt, oder nicht. (Whatever, Dude, ich will doch nur nen Job, und am liebsten in Bremen, also hau rein). Aber wie schon erwähnt: Recruiter kommunizieren nicht gerne und ich habe nie wieder was von ihm gehört.

Heute, 2 Wochen nach den Gesprächen mit B, C und D, schrieb Recruiterin C mich an und entschuldigte sich, dass sie sich ja nicht mehr gemeldet hätte, aber sie hätte ja jetzt erfahren, dass ich durch eine andere Firma ja nochmal vorgestellt wurde und in der engeren Auswahl bin. Wait, what? Ich weiß von nichts und bin mal gespannt, wie das noch weiter geht. Muss wohl mal ein paar Mails schreiben und nachhaken.

Um es mit Dall-E zu sagen: Hä??!

Eine gezeichnete Frau mit Brille und roten Locken zuckt ratlos mit den Schultern und daneben steht Hä???

Also alles in allem immer noch auf der Suche nach neuen Geldquellen Abenteuern und die Frage, wie wenig Geld oder wie viel Pendelzeit man so in Kauf nehmen möchte für spannende Jobmöglichkeiten.

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Ein paar Gedanken über meinen Job

Ich bin Programmiererin und auch wenn die coolen Jungs nach der Antwort “C#” trotzdem nicht mit mir spielen wollen, weil ich nicht dazu gehöre, so schauen mich “normale” Menschen doch meist mit bewundernd großen Augen an und sind angemessen beeindruckt.

In der eigentlichen Arbeitswelt ist es allerdings tatsächlich völlig wurscht, ob man Männlein oder Weiblein ist, auch wenn alle immer denken, ich hätte eine Art Exotenstatus, weil ich bei uns die einzige Frau bin. Dem ist aber nicht so, ich hatte noch nie das Gefühl, dass für mich irgendetwas leichter/schwerer/anders war, nur, weil ich ne Frau bin.

Generell ist mir diese ganze Genderkiste völlig egal und ich habe bis heute nicht verstanden, warum die Bemerkung “Uns ist das Geschlecht egal, wir behandeln alle gleich und machen keine Frauenpolitik” damals von den Piraten zu dermaßen großen Diskussionen und Wellen geführt hat. Ich weiß noch, dass ich mal einen Blogeintrag einer solchen empörten Frau gelesen habe, incl. etwa 700 Kommentaren und am Ende habe ich es trotzdem nicht verstanden.

Dass ich Programmiererin wurde, war eher Zufall und nicht geplant. Eigentlich wollte ich eine berühmte Sopranistin werden, bis mir dann während des Abis klar wurde, dass das vielleicht doch nicht so der Knüller ist.
In normalen Familien würde man dann ein Aufatmen erwarten, aber ich bin ja ein Kind mit Waldorf-Paten, die beide bis heute bestürzt sind, dass ich mich der Kunst ab- und ausgerechnet dem Teufel Technik zugewandt habe.

Aber warum überhaupt dieser Exkurs über meine Berufswahl? Ganz einfach, weil ich heute Früh drüber nachgedacht habe, ob ich meinen Job mag, angestoßen unter anderem durch eine Bemerkung von @Fastcloud, der meinte, ich solle mir doch einen anderen Job suchen, wenn ich so stöhne und den Horrorbürojob-Eintrag von @LottaWicked.

Und ja, doch, eigentlich mag ich meinen Job wirklich. Meine Kollegen sind sehr nett, die Arbeit… na gut, die ist nicht immer toll, aber was solls. Viel Frickelei, um irgendwelche Fehler zu finden und zu beheben, oder Stunden für irgendwelche abstrusen Kundenwünsche, die niemand versteht und die auch keinen Sinn ergeben, aber bezahlt und somit realisiert werden 😉

Ich will keinen anderen Job (na gut, das ist gelogen, aber wir wollen mal realistisch bleiben und ich werde halt doch keine Opernsängerin mehr *g*) und fühle mich sehr wohl hier, auch wenn ich momentan (es ist gerade sehr stressig, wegen kritischer Deadlines) über die Überstunden stöhne und mir Urlaub wünsche, aber es ist extrem befriedigend, zu sehen, wie nach ein paar Handgriffen dann doch alles so tut, wie es soll.

Ich brauche immer das sofortige Feedback und zu sehen, dass ein paar kleine Änderungen im Code dann auch ein sichtbares Resultat in der Applikation bringen, ist super. Viele kleine Erfolgserlebnisse über den Tag verteilt 😉 (naja, oder auch nicht, das sind dann die frustrierenden Tage).

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