Bremen war letzte Woche Land unter. 35 l/m² Wasser stürzten auf die Stadt nieder und das für 2 Stunden. Erstarrt vor Schreck und Überraschung konnte Bremen sich nicht wehren und nur versuchen, so schnell wie möglich alles Wasser abzuleiten – vergeblich.
Grob geschätzt 500 Keller standen unter Wasser und so auch meiner.
Jegliche Tunnel waren überflutet und etwa 5 Autos sind komplett abgesoffen und damit meine ich wortwörtlich “im Wasser versunken”, denn es war an den schlimmsten Stellen bis zu 1,70m tief.
Aber von vorne:
Es war ein regnerischer Donnerstag und ich wachte gegen 7:20 von einem Heidenlärm auf, den der prasselnde Regen vor meinem Fenster veranstaltete. Schlaftrunken schlurfte ich aufs Klo, als ich meinen Küchenabfluss gurgeln hörte. Der Abfluss ist mit den Abflüssen im Keller verbunden und wenn es bei mir schon so gutgelt, wollte ich mal besser schauen, was unten so los war.
“Unten” bedeutet: außen Treppe runter, Abfluss, Haustüre, 2 Kellerräume, Wohnungstür, ein kleines Apartment mit Boden-Abfluss und noch eine Tür zum Garten, vor der auch wieder ein Abfluss ist.
Ich also eben ne Hose und ein Oberteil übergeworfen und das Treppenhaus runter (wohne im Hochparterre). Schon auf der Treppe erste hysterische Quietscher, als ich sehe, dass das Wasser durch die vordere Haustüre unten nur so rein ströhmt. Als hätte man einen Gartenschlauch in die Tür gehalten.
Noch hatte das Wasser die Wohnungstüre nicht erreicht, aber ich ahnte schlimmstes und öffnete sie. Einen nicht-jungendfreien Aufschrei später war mir klar, dass der worst case eingetroffen war: Wasser durch beide Türen und die Toilette.
Erstmal todesmutig in die Fluten geschmissen, um den Kater meiner Nachbarin zu retten, der schon panisch auf dem Bett stand und fassungslos das Treibgut um sich herum anstarrte, als wären es Haiflossen und er auf einem Floß im Ozean. Nicht, dass er ausgerechnet von mir gerettet werden wollte, aber darauf konnte ich ja nun keine Rücksicht nehmen und so verbrachte er den Rest des Tages, sehr zum Ärger meines Katers, schimpfend und schmollend auf meinem Kratzbaum.
Bei der Feuerwehr bekam ich nur die aufmunternde Auskunft: “wir tun, was wir können” und wie schon damals bei Michls Krankenkasse, war auch hier keine Hilfe zu erwarten. Ca. 350 Notfälle gab es in der Stadt, also irgendwo verständlich.
Nachdem der Kater in Sicherheit war, kramte ich meine Schwimmflügel raus und machte mich auf Schnorcheltour, um Papiere, Elektrogeräte und ähnliches in Sicherheit zu bringen.
Danach konnte ich erstmal nichts machen, denn wohin mit dem Wasser, wenn es ganz offensichtlich keine Abflüsse mehr gibt? Der Kanal war völlig überfordert und ein kurzer Trip auf die Straße machte deutlich, dass es allen anderen nicht besser ging. Nicht alle hatten Wohnungen im Souterrain, aber alle hatten Wasser.
Eine gefühlte Ewigkeit später, so gegen 9, ließ der Regen dann nach und der Kanal entspannte sich wieder. Von der Feuerwehr nach wie vor keine Spur, also schnappte ich einen Eimer und schaufelte erstmal fröhlich Wasser in die Toilette – dem einzigem Abfluss, der bisher wieder tat. Aber siehe da, auch die anderen Abflüsse nahmen nach und nach ihre Arbeit wieder auf und so konnte ich irgendwann nochmal bei der Feuerwehr anrufen und Bescheid sagen, dass ich sie nicht mehr brauchte (2 Stunden nach dem 1. Anruf).
Glücklicherweise verschwand das meiste Wasser von selbst durch den Abfluss, sodass ich schon bald anfangen konnte, die Wohnung auszumoppen, den Teppich ins Bad zu schaffen, die Heizung aufzudrehen und die Schäden so gut wie möglich zu beseitigen. Danach das ganze auch noch draußen im Flur, den beiden Kellerräumen und unter der Treppe. Jeder dieser verdammten Räume hatte einen Teppich drin, sodass ich alles auseinander nehmen musste, um sie erstmal raus zu nehmen, da die das Wasser ja schön speicherten. Ich hab geflucht!
Als ich bis auf den letzten Keller alles bereits erledigt hatte, kam dann auch die Nachbarin. Nachdem sie sich von ihrem Kater erstmal anschreien und kratzen lassen musste und all ihre Termine abgesagt hatte, fing sie an, ihre Wohnung zu putzen, während ich den letzten Keller ausräumte und wischte.
13 Stunden nach meinem Aufstehen saß ich dann endlich kaputt beim Nudelsalat meiner Schwester und alles Wasser war weg. Meine Paranoia hält sich allerdings bis heute. In der ersten Nacht bin ich mindestens 3 mal aufgewacht und aufgestanden, um zu schauen, ob alles gut ist und ich habe immernoch Träume von all dem Wasser, da es momentan auch täglich regnet.
15cm waren es etwa und ich ärgere mich im Nachhinein tierisch, dass ich keine Fotos gemacht habe, aber ich bin kein großer Fotograf und hatte andere Sachen im Kopf. Als es mir einfiel, war das Wasser dann schon weg, also keine Beweise 🙁
Hier ein Link zum ZDF, wer mal ein paar Bilder sehen will.
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